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Sehnsucht nach Entspannung
Thomas sehnt sich nach einer Liebesbeziehung, die wirklich mal hält und nicht schon nach zwei Jahren wieder den Bach ’runter geht! Sexuell ist er zwar abenteuerlustig, stellt jedoch fest, dass auf Dauer das Lustige an den Abenteuern nicht vor den Konflikten schützt, die wie eine Art Naturgesetz über ihn hereinbrechen. „Früher oder später fangen wir an zu streiten. Wenn ich ehrlich bin, sind es eher Kleinigkeiten, weil mich irgendwas zu nerven anfängt“, sagt er. Die Streitigkeiten häufen sich und schließlich kann auch der Sex nichts mehr retten. Sie trennen sich und Thomas sitzt wieder alleine da und fragt sich, warum seine Sehnsucht mit jeder Trennung größer wird. Als ob er zum Scheitern verdammt wäre. Er sucht die Liebe seines Lebens und bekommt allmählich schon Angst vor dem nächsten Verliebtsein. „Aber ich will nicht alleine bleiben!“
Wenn er so denkt, hält er sich insgeheim für weinerlich und macht lieber wieder dicht.
Sehnsucht nach Dableiben
Robin ist unterwegs. Immer. Die Welt ist groß und wild und schön und Robin fliegt hindurch! Ein rebellischer Freigeist und eine überaus liebenswürdige Person. Zudem eine interessante Erscheinung in immer wechselnden Outfits. Die Menschen öffnen sich wie von selbst zu Robin. Es gibt immer was zu erzählen und zu erleben oder zu feiern und so lebt Robin in einem großen, stabilen sozialen Netz – sinnlich, manchmal lasziv… mit einem sicheren Gespür für gute sexuelle Begegnungen. Robins Lieben sind klar und nah und dennoch brüchig und voller Trennungen. Es ist komisch – bei aller Nähe in intimen Momenten ist Robin auf eine seltsame Art unnahbar. Wie auf der Flucht. Als ob das Ankommen gefährlich wäre und unterbrochen werden muss. Manchmal versucht Robin, die Gefahr zu erkennen … da schimmert was … doch weiter geht es nicht. Es bleibt ein dunkles Gefühl zurück und am Ende ist es zu anstrengend, weiter darüber nachzudenken. Robin streitet sich nicht wirklich, sondern ist dann eher „mal weg“, im Geist schon entflohen und der Körper folgt nach… Das „Wegsein“ als so eine Art Liebestöter.
Sehnsucht nach Nähe
Klara lebt zurückgezogen in ihrer Menschenscheu – das Gegenteil von leutselig. Sie fühlt sich ihren Liebesphantasien ausgeliefert, die sie nicht in die Realität umsetzen kann. Sie hat nicht viele Freund*innen und sie sagt sich immer wieder, dass sie ihr soziales Leben besser aktiv pflegen müsste. Doch am Ende ist die Musik ihr Kokon, in den sie sich zurückzieht. Musik gibt ihr Geborgenheit. In ihrem Kopf breitet sich eine überschaubare, doch grenzenlose Welt aus, die keine vier Wände hält – und gleichzeitig fürchtet sie sich davor. Vor der Grenzenlosigkeit. Vor ihrer Verlorenheit, die sie da draußen überfällt, in der „Realität“, der Welt zum Anfassen und Angefasstwerden. So schnell so viel – und schon wieder weg. Die Realität ist viel zu flüchtig. So sehnt Klara sich nach Liebendürfen und Geliebtwerden und sichert sich ihre Sehnsucht durch den stabilen Kokon ab. Doch, sie ist schon auch unterwegs, trifft sich mit Freunden und Freundinnen. Und immer wieder mal versucht jemand, sie zu locken und aus ihrer Einsamkeit zu befreien. Sie ist nicht ungeküsst! Aber so richtig hat es nie gefunkt und dann weiß sie wieder nicht so recht, wie es weitergehen kann/soll. Nach dem Küssen. In echt. Mit ihrem Herzen. Und sie versucht, den Sturz zu verhindern.
Zwei Pole: die Sehnsucht und die Angst vor ihrer Erfüllung
Drei Geschichten, drei Schnappschüsse, drei Lebensentwürfe. Drei Menschen, die mit der Spannung zwischen ihrer Sehnsucht und ihrer Angst vor Erfüllung leben. Woher immer die Angst kommt – sie ruft einen Selbstschutzreflex hervor, unter dem alle drei auf ihre Art leiden.
Doch Selbstschutz ist wichtig, wirklich! Wir brauchen unsere Masken und manchmal auch einen Schutzanzug. Ich meine innerlich. Das gab’s ja alles schon vor der Pandemie. Visier, Maske, Panzer, Schutzanzug – egal, wie das heißt, letztendlich ist die Frage wichtig, ob wir frei zwischen Offenheit und Schutz wählen können.
Das Dilemma mit dem Selbstschutz, der uns trennt
Ich denke, dass zur Freiheit gehört, unsere inneren harten Stellen aufzusuchen und mal dran zu klopfen. Die Art von Selbstschutz, mit dem wir unser Glück verhindern. Denn das, was wir dann spüren und was wir zu hören bekommen könnte das sein, was wir zu verlieren haben.
Im Alltag können wir das Trennende unseres Selbstschutzes spüren – es ist die Art, wie wir unbewusst in diesen ganz bestimmten Situationen reagieren und vielleicht hinterher gerne was anderes getan oder gesagt hätten. In Abgrenzung oder spontaner Zuwendung – je nachdem. Es sind beispielsweise diese Situationen, in denen wir „außer uns sind“, neben uns stehen und uns den eignen Impulsen ausgeliefert fühlen. In denen wir nicht rechtzeitig die Grenze deutlich gemacht haben. In denen wir unser Bauchgefühl missachtet haben, das uns schon früh gewarnt hat. Oder die Situationen, in denen wir jemandem unsere warme Lebendigkeit und Zuwendung vorenthalten, automatisch unsere Spontanität wegdrücken…
Was auch gerne genommen wird: wir stellen Forderungen und führen ein inneres Beziehungskonto. Wer wieviel eingebracht hat und ob wir zu unserem Recht kommen. Genau zu wissen, was die andere Person zu tun oder zu lassen hat und reflexhaft die Anklagebank nach vorne zu schieben ist ein super funktionierender Beziehungskiller! Da wird’s richtig eng!
Oder umgekehrt. Wir können uns dauernd in der Nähe der Anklagebank aufhalten, um uns schnell drauf zu setzen. Dann sind wir wieder mal Opfer und können Druck durch Leiden aufbauen.
Die Würdigung
Es tut vielleicht erstmal weh zu sehen, auf welche Weise wir uns hart machen und schützen. Vielleicht schämen wir uns dafür und für die Auswirkungen. Doch meiner Erfahrung nach lohnt es sich, sie ehrlich in Augenschein zu nehmen und sich vertrauten Menschen zu öffnen! Wir hüten einen goldenen Schatz hinter dem Schmerz!
Die Heilung unserer Beziehungsfähigkeit fängt bei der Beziehung mit uns selbst an, also mit der Art, wie wir mit diesen verborgenen Bereichen in uns umgehen.
Daher sollten wir achtsam mit uns sein und unserer inneren Weisheit vertrauen. Dann öffnet sich der Raum, auf den es ankommt und wir finden unsere Fähigkeit, in Selbstrespekt dem Ruf unserer Sehnsucht weiter zu folgen und dranzubeiben. Wir brauchen unser ganz eigenes Tempo dafür, damit wir den Schmerz würdigen können, wenn er denn auftaucht. Er löst sich am schnellsten auf, wenn wir ihn nicht bekämpfen und nicht dramatisieren, sondern erreichbar sind für das, was sich dahinter zeigen könnte.
Und wenn wir erst selbst einmal diesen Schatz entdeckt haben, wird der weitere Weg immer leichter. Denn was immer wir da verbergen – es lebt und ruft uns, es ist ein wichtiger Teil unseres inneren Reichtums und unseres Strahlens! Es zieht die Menschen an, wenn es ans Licht darf.
Allerdings ist es nicht sehr nachhaltig, den Schutz vor dem Verbogenen möglichst schnell loswerden zu wollen. Er hat ja einen Sinn, nämlich den, uns vor Gefühlen zu schützen, die zu schmerzhaft waren oder sind. Wenn wir ihn zu schnell einreißen, sind wir überfordert – wie schon damals bei seiner Entstehung – und bauen ihn umgehend wieder auf, vielleicht sogar noch stärker.
Die Bereitschaft das Bisherige zu verabschieden
Aber sind wir wirklich bereit, uns von unseren gewohnten Schutztaktiken, den gewohnten Selbstbildern zu verabschieden? Wir leben doch schon so lange mit ihnen („Ja, aber ich bin so!“). Sie sind ein Teil von dem Bild, das wir morgens im Spiegel sehen. Immerhin können wir auch ohne dieses Strahlen leben. Muss ja gar nicht schlecht sein.
Es geht nicht um schlecht/falsch oder gut/richtig. Es geht vielmehr um dieses Sehnen, dieses leise oder laute innere Rufen nach einer wichtigen Veränderung. Dieses Rufen kommt aus einem tieferen Wissen in uns über uns selbst und das, was da ruft kennt auch den Weg, sich zu befreien. Wenn wir bereit sind zu lauschen und uns auf uns selbst „einzulassen“, wie man so sagt.
Wage ich es, anders zu werden als ich bisher war? Traue ich mir zu, Neues in mir zu entdecken, neue Handlungs- und Fühlmöglichkeiten? Und das Bisherige immer wieder zu unterbrechen, ganz praktisch, ganz konkret?
Selbstverantwortung
Denn wenn wir das eigene Wort und die eigene Handlung wirklich zu uns nehmen, niemandem die Verantwortung dafür zuschreiben und wenn wir wirklich an der Freiheit interessiert sind, dann wird unser Interesse uns auf den Weg bringen. Wie immer. Weil, im Grunde tun wir ja sowieso das, woran wir interessiert sind. Oft kommt unser Verstand dabei nicht mit und wenn das passiert, ist es ein gutes Zeichen! Wenn der durcheinander gerät, kann unser Herz und unsere innere Weisheit übernehmen und den Weg ebnen. Dazu gehört vielleicht auch, uns die passende Begleitung und Unterstützung für diesen Weg zu suchen. Das kann eine Einzelbegleitung sein oder ein Selbsterfahrungsraum wie das Seminar LIEBESDINGE, das Sabine Schröder anbietet.
Lass dich darauf ein, was passiert, wenn du die Beziehung mit dir selbst vertiefst. Wenn du still wirst und dir zuhörst. Wenn du die Kiste mit all den Tricks kurz mal schließt, mit denen du dir selbst ausweichst. Sanft. Du kannst sie gerne wieder öffnen, sie steht dir ja zur Verfügung. Nur mal kurz zumachen und spüren, was dann passiert. Immer wieder mal in ganz konkreten Momenten, in denen es drauf ankommt. Und langsam und bewusst diese Zeit verlängern. Das genügt völlig. Alles Weitere wird sich dann zeigen.